Der Facebook-Kampagnen-Fail

Facebook Kampagne

Kürzlich warb die Social Media Plattform plakativ für Privatsphäre und Sicherheit. Unter dem Slogan „Mache Facebook zu deinem Facebook“ rief die Plattform ihre Nutzer dazu auf, von den Privacy-Einstellungen ihres Accounts Gebrauch zu machen. Eine Kampagne, die versucht das – vor allem durch Hasskommentare unter Druck geratene – Image zu verbessern. Bei näherer Betrachtung werden allerdings Schwachstellen deutlich, die die Plattform selbst zu verantworten hat. Die Kampagne wendet sich im Subtext gegen den Urheber selbst.

Vertrauen ist gut, AGB lesen ist besser

Überall in der Stadt sind sie zu sehen – in Haltestellen von Bus und Bahn, an Bahnhöfen und auch in Zeitungen und Zeitschriften: junge Menschen, die von ihren Erfahrungen und Pannen mit Facebook berichten. Angenommen, es würde diejenige Altersgruppe ermittelt, die sich am wenigsten mit den Funktionen der Plattform auskennt – wären das wirklich die heute 20- bis 30-Jährigen? Nach einer aktuellen Auswertung von Statista ist die größte Gruppe der Nutzerinnen und Nutzer des sozialen Netzwerkes zwischen 18 und 34 Jahren alt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die am stärksten vertretene Altersgruppe keine Ahnung vom Umgang mit der Plattform hat, mit der sie seit ihrer Jugend konfrontiert wird.

So erscheint es unglaubwürdig, dass der junge Mann auf einem der Plakate behauptet, er wisse nicht, wer seine Posts sehen könne. Folglich hätte er Freundschaftsanfragen im Delirium gestellt oder akzeptiert. Die Kampagne rät ihm nun zum „Privatsphäre-Check“. Vor Screenshots, die Freunde von seinem Post gemacht haben könnten und die per Messenger weitergesendet werden, ist er dadurch nicht geschützt. Und die Sache hat noch einen weiteren Haken. Nämlich die AGB von Facebook selbst. Denn Facebook sieht immer alle Posts von ihm und darf die Informationen an „Anbieter, Dienstleister und sonstige Partner“ weitergeben. Da hilft kein „Privatsphäre-Check“.

Cookies, Decken und kalte Füße

Fast schon lächerlich ist das Motiv der jungen Frau, die sich beklagt, dass sie ständig Werbung für Heizdecken angezeigt bekommt. Die Antwort: „Durch Werbung kann Facebook kostenlos bleiben. Aber niemand möchte Anzeigen sehen, die ihn nicht interessieren.“ Mit der Funktion „Werbeanzeige verbergen“, soll dem ein Ende gesetzt werden. Wenn die junge Frau wüsste, dass sie durch das Betätigen dieser Funktion dazu beiträgt, ihr Profil zu personalisieren, bekäme sie sicher kalte Füße. Möglicherweise hat sie aber auch im Internet des Öfteren nach Wärmedecken gestöbert und dabei die Cookies aktiv gelassen. Denn laut der AGB können „(…) andere Parteien […] auf den Facebook-Diensten Cookies verwenden, um [der Plattform] bzw. den auf Facebook werbenden Unternehmen Dienstleistungen bereitzustellen. (…) Dritte verwenden Cookies im Zusammenhang mit den Facebook-Diensten auch auf ihren eigenen Webseiten bzw. in ihren Apps.“  Gar nicht so unwahrscheinlich, dass die Werbung für Wärmedecken für die Nutzerin interessant ist oder war. Aber wenn sie den Button „Werbeanzeige verbergen“ anklickt, ist die Anzeige Geschichte, ebenso wie der warnende Hinweis auf mangelnde Privatsphäre im sozialen Netzwerk. Immerhin bekommt sie dann passendere Werbeanzeigen.

Was gelöscht ist, ist nicht weg

Mit dem Geständnis einer weiteren jungen Frau können sich sicher viele Menschen identifizieren: „Ich habe mal etwas gepostet, was ich nie, nie, nie hätte posten sollen.“ Laut Facebook stellen die unüberlegten Sünden von gestern kein Problem mehr dar: „Lösch es und es ist weg. Schnell und unkompliziert.“ Interessant, denn war es nicht eben Facebook-Gründer Mark Zuckerberg selbst, der sagte „im Internet wird mit Tinte geschrieben und nicht mit Bleistift“? Und tatsächlich steht es ähnlich in den AGB: „Die mit deinem Konto verbundenen Informationen verbleiben bis zur Löschung deines Kontos bei uns (…).“ Zwar sind die Posts nicht mehr öffentlich einsehbar und niemand außer dem Kontobesitzer – und natürlich der Plattform selbst – kann darauf zugreifen. Allerdings werden die Daten weiterhin verarbeitet. Weg sind sie damit also nicht. Weg sind auch nicht mögliche Screenshots, die andere Nutzer von dem Post gemacht haben könnten, bevor dieser gelöscht wurde. Eine Garantie oder 100-prozentigen Schutz bietet Facebook auch hier nicht.

Was die Kampagne klar verdeutlicht, ist, dass Probleme der Privatsphäre und der Sicherheit im World Wide Web durch das individuelle Verhalten des Nutzers eingedämmt werden können. Vor allem aber, und das kommuniziert die Kampagne ohne es zu wollen, liegt der viel größere Teil der Problembekämpfung in den Händen der Plattform selbst. Sein Image kann Facebook mithilfe dieser Kampagne wohl kaum aufbessern und bietet nur einen oberflächlichen Mehrwert für seine Nutzer.

[Amelie Szameit]

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